Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, sind oft noch lange Zeit später mit den Folgen – etwa für Körper und Psyche – konfrontiert. Viele von ihnen erhalten nicht die Hilfe, die sie benötigen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat Betroffene dazu befragt – um die Nachsorge der Patienten verbessern zu können.

© Darwin Laganzon from Pixabay.com

„Mir ist seit dem Schlaganfall dauernd schwindelig“. Oder: „Ich kann mich nicht mehr so gut konzentrieren, werde vergesslich und nervös“. Und: „Weder Familie noch Arbeitgeber verstehen, welche gravierenden Auswirkungen auf die Psyche der Schlaganfall hat.“ Ein weiteres Beispiel: „Kann mir schlecht Strümpfe anziehen. Kann mir nicht mehr die Haare frisieren.“ Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat Betroffene rund um ihr Leben nach dem Schlaganfall befragt und insgesamt 979 Antwortbögen ausgewertet. In Deutschland gibt es bisher nur wenige Untersuchungen zu den Bedürfnissen der Patienten in der Nachsorge – umso wichtiger ist diese Arbeit, die in der Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ veröffentlicht wurde. Sie offenbart: Die große Mehrheit der Befragten (92,2 %) kämpft mit mindestens einer Schlaganfallfolge.

„Nach einem Schlaganfall ändert sich das Leben von jetzt auf gleich“, so bringen es die Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Dr. Michael Brinkmeier und Sylvia Strothotte in einem Ergebnisbericht auf den Punkt. „Die Betroffenen sind plötzlich mit vielfältigen, ganz individuellen Herausforderungen konfrontiert. Sie reichen von körperlichen Beeinträchtigungen wie Halbseitenlähmungen oder Schluckstörungen bis hin zu seelischen Veränderungen wie Niedergeschlagenheit oder Depressionen.“ Und auch das Umfeld – pflegende Angehörige, Partner, Familie, Freunde – sind involviert.

Nach dem Schlaganfall: Mehr Unterstützung gewünscht

8 von 10 Befragten geben demnach an, weiterhin körperliche Einschränkungen zu haben. Darunter sind Konzentrationsschwierigkeiten, Spastizität – also eine Steifheit in Armen, Händen oder Beinen – Schmerzen. Rund 60 Prozent berichten zudem von Beeinträchtigungen in ihrer psychischen Gesundheit. „Ich habe durch die beiden Schlaganfälle keine bleibenden Schäden erlitten, trotzdem vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke, bzw. Angst habe“, ist da zu lesen. 40 Prozent haben Probleme, was das soziale Leben angeht – etwa Schwierigkeiten, Kontakte zu pflegen, angespannte Beziehungen zu Angehörigen. Darüber hinaus erzählen sie von Herausforderungen in Bereichen wie beispielsweise alltäglichen Tätigkeiten, Mobilität, Beruf, Finanzen oder ihrer Wohnsituation.

„Die Ergebnisse sind ernüchternd“, findet die Schlaganfall-Hilfe. Rund 70 Prozent der Teilnehmenden erhalten in mindestens einem Bereich nicht die Unterstützung, die sie eigentlich brauchen.

  • 33,1 Prozent aller Befragten wünschen sich weitere Reha-Maßnahmen.
  • 29,3 Prozent benötigen mehr Hilfe im Umgang mit Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisproblemen.
  • 25,7 Prozent würden gerne weitere therapeutische Leistungen in Anspruch nehmen.
  • 24,2 Prozent geben unerfüllte Bedürfnisse im Bereich Spastizität an.

Das sind lediglich die vier meistgenannten Punkte – die Lücken in der Nachsorge sind noch deutlich komplexer. „Was die Akutversorgung in spezialisierten Stroke Units sowie die anschließende Frühreha angeht, nimmt die Bundesrepublik im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle ein. Doch in Bezug auf eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Nachsorge und Behandlung von Folgeerkrankungen ist Luft nach oben“, erklärte Dr. Gabriele Kothny, Geschäftsführerin der Ipsen Pharma GmbH, im vergangenen Jahr gegenüber Pharma-Fakten.de. Das Biopharmaunternehmen setzt sich für eine ganzheitliche Versorgung ein und fokussiert sich seit über 30 Jahren auf die Behandlung von Menschen mit Spastik nach Schlaganfall und anderen neurologischen Erkrankungen mit ungedecktem medizinischem Bedarf. Im häuslichen Umfeld werde „eine Bewegungsstörung infolge eines Schlaganfalls häufig nicht umfänglich als eine zu behandelnde Spastizität diagnostiziert“. Dabei gibt es Therapieoptionen, die Symptome verbessern und Schmerzen lindern können – doch nur ein Bruchteil der in Frage kommenden Menschen erhält diese Medikamente.

Schlaganfall-Nachsorge verbessern

„Die Ergebnisse unserer Befragung lassen sich nicht vollständig auf alle Schlaganfall-Betroffenen in Deutschland übertragen“, betont die Stiftung. So liegt etwa der Altersdurchschnitt der Befragten niedriger als der Altersdurchschnitt aller Betroffener in der Bundesrepublik. Womöglich sind die tatsächlichen Hilfebedarfe in Realität also sogar noch größer als in der Studie. Sie stellt dennoch einen wichtigen Schritt dar, um mehr Erkenntnisse zu diesem Thema gewinnen zu können – gerade auch, weil die Patienten selbst zu Wort kommen. Eine Lehre daraus ist zum Beispiel, dass nicht jede Schlaganfall-assoziierte Konsequenz zu einem weiteren Unterstützungsbedarf führt. „Diese Komplexität abzubilden und individuelle Hilfeangebote zu schaffen, sollte Aufgabe weiterer Forschungsprojekte in Deutschland sein“, fordern die Studienautoren.

Mit ihrem Bericht sowie der Veröffentlichung in Fachzeitschriften will die Stiftung die breite Öffentlichkeit, Ärzte und andere Fachleute erreichen. Außerdem sollen die Angebote der Schlaganfall-Hilfe mit den Ergebnissen der Befragung abgeglichen und weiterentwickelt werden – um auch dort Unterstützung anzubieten, wo es bisher keine gibt. Ziel ist es, die „Schlaganfall-Nachsorge auf diese Weise langfristig zu verbessern und auf die Bedürfnisse der Betroffenen auszurichten“, heißt es.

Quelle: https://pharma-fakten.de/

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